DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1863-9763.2018.09 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1863-9763 |
Ausgabe / Jahr: | 9 / 2018 |
Veröffentlicht: | 2018-09-10 |
Um einen Blick in die Zukunft werfen zu können, muss man zunächst einen Blick auf die bisherige Geschichte werfen: Unter dem Eindruck der Publikationen des Club of Rome von 1972 („Grenzen des Wachstums“) organisierte 1992 der UNO-Berater Stephan Schmidheiny die bekannte Rio-Konferenz. Da er wenig später daraus den World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) ausgründete und auch noch aus der Zementdynastie des weltgrößten Produzenten stammt, fand das Thema Ressourcenwirtschaft und Nachhaltigkeit seinen Weg in globale Unternehmen und damit auch in die Zementindustrie.
Als am 26. Oktober 2017 die Mitglieder des Arbeitskreises im kommunalen Netzwerk ForumZ beschlossen hatten, künftig grundsätzliche Erkenntnisse der Arbeit im kommunalen Netzwerk auch der internationalen Community zur Verfügung zu stellen, war dies ein wichtiger Schritt.
Schütze die Umwelt! Reduziere die Müllmenge, den Wasserverbrauch, die Energienutzung! So wird es bereits im Kindergarten gelernt. Aber es ist kein Umweltschutz, wenn man etwas weniger zerstört. Jemand, der sein Kind fünf Mal schlägt anstatt zehn Mal ist ja auch kein Kinderschützer. In dieser Logik hat ein Land wie Polen bis 1990 weit besser die Umwelt „geschützt“ als der Westen, durch Ineffizienz, denn man konnte die wunderbaren Feuchtgebiete nicht zerstören, weil kein Geld dafür da war.
Das erste Heft der Müll und Abfall beschäftigte sich 1969 fast ausschließlich mit Abfallbeseitigung. Erst knapp drei Jahre später trat 1972 in Deutschland mit dem „Gesetz über die Beseitigung von Abfällen (Abfallbeseitigungsgesetz – AbfG)“ das erste Abfallgesetz in Kraft. Die zweite Gesetzesauflage von 1986 hatte bereits die Vermeidung mit im Titel, „Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz – AbfG)“. 1994 wurde das „Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetz – KrW-/AbfG)“ verabschiedet, das 2012 vom Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) abgelöst wurde.
Nun gibt es Müll und Abfall also schon fünfzig Jahre. Der Autor kann sich noch gut daran erinnern, wie er den Festbeitrag zum vierzigjährigen Jubiläum erstellt hat und dazu sämtliche Jahrgänge in gebundener Form aus dem Archiv im Institutskeller holte und nach bemerkenswerten Geschichten durchsuchte (Faulstich 2009). Dabei begegnen einem Begriffe wie Verschrottungsschein, Müllpyrolyse, Multibarrierenkonzept und Thermoselect sowie die Akronyme LAGA, BRAM, TASi und MBA, manche davon fast vergessen, andere noch immer aktuell.
Häufig begegnet einem heute der Begriff „Wende“ insbesondere im Kontext von Energie und Mobilität. Hier, wie auch in vielen anderen Zusammenhängen wird erst bei genauerem Hinschauen klar, dass nichts von dem, was moderne Entwicklungen charakterisiert, ohne Rohstoffe, zunehmend insbesondere wirtschaftsstrategische Rohstoffe, erreichbar ist. Das Informationszeitalter würde ohne Serverfarmen in den Kinderschuhen stecken bleiben und auch Serverfarmen werden aus strategisch relevanten Rohstoffen hergestellt. Da die Versorgungslage aber eher schwieriger wird, ist also auch über eine Rohstoffwende zu reden.
Der starke Anstieg der Abfallmengen und die damit verbundenen Umweltschäden bei der Deponierung führten dazu, dass die Technische Anleitung Siedlungsabfall (TASi) am 1.6.1993 in Kraft trat. Belastetes Sickerwasser und treibhauswirksames Methangas waren der Grund dafür, schnellstmöglich neue Entsorgungskonzepte zu entwickeln und eine Lösung zu finden, die dem Ziel einer nachhaltigen und umweltverträglichen Abfallbehandlung am nächsten kam. Bereits 2001 wurde mit der Abfallablagerungsverordnung (AbfAblV) der umweltverträglichen Abfallbehandlung ein unmittelbar wirksamer Rechtsrahmen gegeben.
Wir schreiben das Jahr 2068 und ich schlage berührungslos mein Tablet auf: Deutsche Zeitungen melden das Ende des deutschen Deponiezeitalters: „Deutschland ist es als erstem Staat der europäischen Konföderation gelungen, vollständig auf die Deponierung von Abfällen zu verzichten. Alle inerten bzw. mineralischen Abfälle können verwertet werden!“ Vision, Utopie, Spinnerei, juristischer Taschenspielertrick oder doch auch ein bisschen Wahrheit!?
Die getrennte Bioabfallerfassung und -behandlung stellt ein etabliertes System der Kreislaufwirtschaft dar. Dennoch bestehen für die nächsten Jahre Herausfor derungen auf den Gebieten der Fremdstoffgehalte, der Vermarktung sowie durch existierende und in Diskussion befindliche Verordnungen. Der Ausbau der Bioökonomie kann für die Verwertung von Bioabfällen neue Impulse geben.
Der 50. Jahrgang der Fachzeitschrift Müll und Abfall ist ein guter Anlass, nach vorne zu schauen. Der Blick in die Zukunft gelingt besonders leicht, wenn man sich die Entwicklungen der letzten Jahre vor Augen führt. Denn diese Entwicklungen gilt es fortzuschreiben und zu intensivieren. Unsere Branche hat in den 50 Jahren, in denen die Fachzeitschrift Müll und Abfall erscheint, eine rasante Entwicklung hingelegt, gekoppelt mit einem bemerkenswerten Wandel. Die Entsorgungswirtschaft hat es geschafft, sich von der rein logistischen Tätigkeit des Transports von Abfällen, also der klassischen „Müllabfuhr“ hin zu einem Rohstoffproduzenten zu entwickeln.
Der Begriff Abfallverbrennung ist in der Öffentlichkeit schon lange negativ konnotiert. Keiner mag sie, schon gar nicht in der Nachbarschaft. Die Gründe hierfür liegen hauptsächlich in der Vergangenheit. Vor Einführung moderner Rauchgasreinigungstechnologien war der Betrieb von Müllverbrennungsanlagen tatsächlich mit dem massiven Ausstoß von Schadstoffen verbunden. Als 1968 das erste Heft von Müll und Abfall erschien, galt es bereits als fortschrittlich, wenn Müllverbrennungsanlagen nur mit einer ordentlichen Entstaubungsanlage ausgestattet wurden.
Für alle Industrienationen gilt: Ohne verfügbare Rohstoffe geht es nicht! Die Weltbevölkerung wächst und immer mehr Menschen beanspruchen mit vollem Recht, an den Ressourcen unserer Welt angemessen beteiligt zu werden. Die Rohstoffe auf unserer Welt sind aber begrenzt. Unsere Aufgabe ist es daher, so sorgsam und effizient wie möglich mit ihnen umzugehen. Deshalb ist es heute und in Zukunft wichtig, die verfügbaren Rohstoffe so oft wie möglich zu nutzen. Abfälle sind daher kein Müll. In unseren Abfällen stecken wichtige Wertstoffe wie Altpapier, Schrotte, Altkunststoffe, Metalle oder Glas, die nichts anderes sind als (Sekundär-)Rohstoffe für die gewerbliche und industrielle Produktion.
Wie die Abfallwirtschaft in der Stadt von morgen aussehen wird, ist eine spannende Frage, bei der aktuelle Entwicklungen, Trends, Statistiken, Marktmechanismen und die Fähigkeit, abstrakt und ein wenig „schräg“ und futuristisch zu denken, symbiotisch miteinander verschmelzen können. Viele Entwicklungen haben jedoch gezeigt, dass Trends deutlich schneller voranschreiten, als anfangs geglaubt. Benz, der Erfinder des Automobils, schätzte den Ausbau seiner Erfindung auf weltweit maximal eine Million Autos ab, wobei er als begrenzenden Faktor seiner einmaligen Erfindung die mögliche Anzahl an Chauffeuren ansah. So genial die Erfindung war, so schlecht war die Prognose, weil Randbedingungen völlig falsch eingeschätzt wurden.
Die Abfallwirtschaft in Deutschland hat in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte gemacht, namentlich das Deponierungsverbot für unbehandelte Siedlungsabfälle, das seit dem 1. Juni 2005 in Deutschland gilt, hat die Umweltbelastungen aus der Abfallentsorgung deutlich reduziert und insbesondere einen großen Beitrag für den Klimaschutz durch die Verminderung der Methanemissionen geleistet. Der in Deutschland vorhandene Anlagenpark gewährleistet jederzeit die Entsorgungssicherheit und kann sogar zusätzlich noch Abfälle aus dem europäischen Ausland aufnehmen.
Der internationale Abfallverband ISWA schätzt das globale Abfallaufkommen ohne ernsthafte Abfallvermeidung für das Jahr 2050 auf 27 Milliarden Tonnen – ein Anstieg um mehr als das Zehnfache im Vergleich zu heute. Weder finanziell noch mit Blick auf die für Sammlung und Aufbereitung notwendige Energie ist daher ein Fortfahren unserer heutigen abfallintensiven Produktions- und Konsummuster vorstellbar: Eine effektive und gleichzeitig ökonomisch effiziente Vermeidung von Abfällen ist damit die zentrale Herausforderung für eine nachhaltige Abfallwirtschaft.
Gerade ist es sehr heiß in Deutschland. Die Getränkeregale der Supermärkte und Discounter werden täglich um Hektoliter Wasser geleert, aber auch Bier und Softgetränke finden reißenden Absatz. Während die Mehrwegindustrie nach Flaschennachschub lechzt und zum schnellen Zurückbringen der Mehrweggebinde auffordert, scheint beim Einwegwasser alles in Ordnung zu sein. Aber stimmt das? Zwar hat die Einführung des Einwegpfandes 2003 zum Aufbau eines sortenreinen PET-Erfassungssystems und einer funktionierenden PET-Recyclingwirtschaft geführt, aber sind damit die abfallwirtschaftlichen Ziele erreicht? Oder: Alles ist gut und business as usual ist angesagt, wir haben den Masterplan für die Zukunft und müssen alles daran ausrichten – oder bedarf es mehr?
+++ Novellierte Gewerbeabfallverordnung vor Gericht +++ Vorgabe einer Satzung durch die Kommunalaufsicht +++
+++ NABU: Im Jahr 2068: Die Kreislaufwirtschaft ist ein alter Hut +++ BUND: Ein ganzer Strauß an Möglichkeiten bietet sich an +++ DUH: Was für eine echte Kreislaufwirtschaft getan werden muss +++
+++ Ein Katalog für (fast) alle Verpackungen. ZSVR beendet „Wegdefinieren“ von Verpackungen +++ Konzern- und Nachhaltigkeitsbericht 2017 veröffentlicht: Vom Abfall zum Rohstoff: SRH übernimmt Verantwortung +++ Kunststoffrecycling. Frankreich macht Ernst! +++ Mikrobenverstoffwechseln vollständig biologisch abbaubare Polymere. Wissenschaftlicher Nachweis des Abbaus kompostierbarer Kunststoffe veröffentlicht +++ 12. Bad Hersfelder Biomasseforum am 06. und 07. November 2018 +++ 27. Kölner Abfalltage – Kreislaufwirtschaft zwischen Anspruch und Wirklichkeit – praktische Umsetzung der Abfallhierarchie +++
Ausgewählte Termine 2018
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